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Lehren aus der Krise ziehen

Eine Untersuchung der Leopoldina bestätigt SoVD-Einschätzungen zum Arbeitsmarkt und zur Bildungspolitik.

Frau in einer Bar bereitet Kaffee zu.
Im Lockdown brachen viele Jobs in der Gastronomie weg. Die oftmals prekär Beschäftigten erhielten keine staatliche Unterstützung. Foto: unai / Adobe Stock

Seit mehr als einem Jahr bestimmt die Coronapandemie und ihre Bekämpfung die deutsche Politik. Die Krise hat Schwachstellen und Lücken in den Sicherungssystemen offengelegt. Zudem stellt sich immer mehr die Frage nach den Langzeitfolgen und politischen Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind.

Wissenschaftler*innen der Leopoldina haben in einer aktuellen Stellungnahme mit dem Titel „Ökonomische Konsequenzen der Coronavirus-Pandemie – Diagnosen und Handlungsoptionen“ die wirtschafts- und sozialpolitischen Folgen der Pandemie herausgearbeitet.

Harsche Kritik an prekären Beschäftigungsmodellen

Besonderes Augenmerk richten sie dabei unter anderem auf die Absicherung von Beschäftigten gegen Krisenfälle. So hätten Maßnahmen wie die vereinfachte und verlängerte Auszahlung des Kurzarbeitergeldes viele Menschen vor drastischen Einkommensverlusten geschützt. Kritisch schätzen die Autor*innen jedoch die Situation von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen ein.

In der Krise ist die eingeschränkte staatliche Absicherung der Betroffenen in den Blick getreten. Da sie nicht in der Arbeitslosenversicherung versichert sind, werden sie nicht vom Kurzarbeitergeld und von seiner Erhöhung in der Pandemie begünstigt. Doch auch unabhängig davon stellen die Autor*innen dem Konzept der Minijobs ein schlechtes Zeugnis aus. Demnach erfüllten sie ihre angestrebte „Brückenfunktion“ für den Übergang aus der Arbeitslosigkeit nicht und verhinderten zudem den Aufbau angemessener Rentenansprüche. Zudem sei belegt, dass Minijob reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verdrängten. Die Wissenschaftler*innen regen an Minijob­ und Midijob-Beschäftigungsverhältnisse ganz abzuschaffen oder zumindest deutlich einzuschränken.

Der SoVD setzt sich seit Langem für den Abbau prekärer Beschäftigung ein, der Verbandspräsident Adolf Bauer erklärte kürzlich: „Minijobs führen zu Minirenten und das gilt es zu verhindern. Wir brauchen eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro.“

Verschärfte Ungleichheit droht

Die Leopoldina analysiert in der Stellungnahme auch die Situation von Schüler*innen und deren Bildungschancen. Als langfristige Krisenfolge sehen die Forscher*innen erhebliche Auswirkungen auf die Höhe und die Verteilung der Einkommen. Grund dafür seien die ungleichen Auswirkungen der Pandemie im Bildungsbereich. So behindere der wiederkehrende Distanzunterricht den Bildungserwerb und damit das Einkommenspotenzial der jungen Generation insgesamt, insbesondere aber von leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern und solchen aus bildungsfernen Familien. Dadurch, dass sich bereits bestehende Ungleichheiten bei Kompetenzentwicklung und Leistungsstärke weiter vertieft hätten, sei die Chancengerechtigkeit in Deutschland nach der Pandemie noch geringer als zuvor.

Deshalb sei es bedeutsam, Lernrückstände bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien zu bekämpfen – unter anderem durch mehrsprachige Angebote und einem verbesserten Zugang zur digitalen Infrastruktur. Bereits beschlossen ist ein zwei Milliarden Euro schweres Nachholprogramm, das im Herbst starten soll. Der SoVD begrüßt dieses im Kern: „Die besondere Belastung von Kindern und Jugendlichen wurde zu lange nicht gesehen. Umso wichtiger ist es, dass jetzt endlich etwas passiert. Die Beschlüsse müssen nun aber auch schnell umgesetzt werden“, so Adolf Bauer in einer Stellungnahme.

Dabei kritisiert der SoVD, dass die besondere Lage von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung dabei keine Beachtung findet. Der Verband fordert für diese Gruppe ein gesondertes Aufholprogramm.